BUND-Kreisgruppe Düsseldorf
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Deichkonferenz mahnt Rückverlegungsplanung an

13. Mai 2025 | Deichsanierung in Himmelgeist, Flüsse & Gewässer, Gewässerrenaturierung, Auen

In der erneuten Auseinandersetzung um die Sanierung des Himmelgeister Deichs hat sich nun auch die Deichkonferenz positioniert. Tenor: Die Stadtverwaltung riskiert eine Verzögerung des Hochwasserschutzes! In der Stellungnahme heißt es: Fachlich dürftig, riskante Strategie...

Karte vom Himmelgeister Rheinbogen mit Deichverläufen Planungsvarianten Himmelgeister Deich  (Bild: Stadt Düsseldorf-Verwaltungsvorlage Rat 066/2025)

Die in der Düsseldorfer Deichkonferenz zusammengeschlossenen Naturschutz- und Umweltorganisationen sind überrascht von der fachlichen Dürftigkeit der aktuell von der Stadtverwaltung vorgelegten Unterlagen zur Deichsanierung im Himmelgeister Rheinbogen, drei Jahre nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, das den 2020 vorgelegten Planfeststellungsbeschluss, der die Rückverlegung des Deichs nicht vorsah, Anfang 2022 als rechtswidrig und damit nicht vollziehbar beurteilt hatte.

Die von der Stadt eingeschlagene Strategie, ohne einen Plan B eine „Heilung“ des 2020 vorgelegten Planfeststellungsbeschlusses, also ohne Rückverlegung des Deichs, zu versuchen, wird von den Natur- und Umweltschützer*innen der Deichkonferenz als juristisch äußerst riskant angesehen. Entgegen dem Beschluss des Bauausschusses im Jahr 2022 wurde nicht zweigleisig geplant: Rückverlegung und Heilung. Sollte der erneute Versuch nun juristisch scheitern, sind drei weitere Jahre verschwendet, in denen die Stadtverwaltung die Rückverlegung (Plan B) fertig geplant haben könnte. Die Stadtverwaltung wäre verantwortlich für die weitere Verzögerung des Hochwasserschutzes.

Allgemeinwohl nicht ausreichend im Blick
Offensichtlich ignoriert wurden und werden frühere Aussagen in offiziellen behördlichen Dokumenten zu Retentionsraumerschließung und Auenrenaturierung und nun ohne überzeugende fachliche Begründung als nicht machbar/lohnenswert bezeichnet. Als Beispiel sei hier nur eins von vielen solchen Dokumenten zitiert:

„Der Generalplan „Hochwasserschutz am Niederrhein“ weist im Himmelgeister Rheinbogen einen reaktivierbaren Polder von etwa 140 ha Größe aus, der durch eine maximal mögliche Rückverlegung des Banndeichs im Zuge der Sanierung geschaffen werden könnte. … Eine Rückverlegung der Banndeichtrasse liegt dabei sowohl im Interesse des Hochwasserschutzes als auch des Natur-, Arten- und Biotopschutzes. Für den Hochwasserschutz ist die Rückgewinnung von Retentionsräumen zur Reduzierung der Hochwasserspitzenabflüsse von Bedeutung. Für den Natur-, Arten- und Biotopschutz sind die naturnahe Entwicklung der Aue und die Anbindung der Überschwemmungsflächen an die Gewässerdynamik des Rheins wünschenswert.“ (Erläuterungsbericht zur Umweltverträglichkeitsstudie, erstellt: März 2002 (Stand der Vorplanung) und ergänzt im Dezember 2010, S.3)

Fraglich auch, warum die verbindlichen Zielsetzungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), die im obigen Zitat deutlich werden, von der Verwaltung immer noch nicht als allgemeinwohlrelevant wahrgenommen werden. Eine seriöse Abwägung müsste ernsthaft prüfen, wie die oben im Zitat erwähnten Zielsetzungen erreichbar sind. Mit einer Kleingartenanlage, Kosten und Zeit gegen eine Rückverlegung zu argumentieren, wie die Stadtverwaltung es in ihrer Vorlage tut, wird der Herausforderung, eine zukunftsfähige Lösung zu finden, in keiner Weise gerecht.

Offene Fragen
Darüber hinaus liegen keine Antworten der Verwaltung auf offene Fragen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes vor: keine Erläuterung zu Auswirkungen der Engstelle durch den ins Überflutungsgebiet vorspringenden Deich in Himmelgeist, keine hydraulische Analysen für verschiedene Rückverlegungsvarianten, keine Aussagen zur Wirkung von Abgrabungen und Flutrinnenaktivierung, keine Zahlen zu damit erreichbarem Retentionsvolumen und Wasserspiegelabsenkung, keine Berücksichtigung der prognostizierten Veränderungen des Hochwassergeschehens wegen des Klimawandels. Übereinstimmung herrscht in der Deichkonferenz bezüglich der Einschätzung, dass so den Anforderungen der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und Wasserhaushaltsgesetz (WHG) wohl nicht entsprochen wird.

Finanzbedarf und Fördermöglichkeiten unklar
Weiter wäre darüber zu informieren, welche Förderprogramme für Retentionsraum-Erweiterung und Auen-Renaturierung in welcher Höhe in Anspruch genommen werden könnten. Und nun zum Elefanten im Raum: dem Unwillen der Stadtverwaltung, ernsthaft die finanziellen Ansprüche des Grundstückeigners zu prüfen und ggf. auch die vom Oberverwaltungsgericht ergangene Aussage zur Enteignung in Erwägung zu ziehen. Die Deichkonferenz mahnt dringend an, hier Handlungsoptionen vorzulegen.

Rückverlegung weiter nötig
Für Politik und Öffentlichkeit bleiben viele Fragen offen. Die Deichkonferenz bleibt angesichts der aktuellen Entwicklung bei ihrer Forderung, den Himmelgeister Deich zurückzuverlegen. Wäre man schon vor Jahren darauf eingegangen, stände heute ein modernes Hochwasserschutzbauwerk in Himmelgeist, mit mehr Schutz für 13.000 Bürger*innen durch vergrößerten Retentionsraum, mit einem strukturreicheren Gewässerprofil, mit einer aufgewerteten Naturlandschaft und verbessertem Erholungswert in einem beliebten Naherholungsgebiet. Und das wertvollen Wildbienenvorkommen auf dem alten Deich, der zu Teilen stehen bleiben soll, wäre auch erhalten.

Was jetzt zu tun ist
Die Deichkonferenz fordert die Stadtverwaltung auf, die fehlende Rückverlegungsplanung vorzulegen.

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In der Deichkonferenz vertretene Organisationen: BUND Düsseldorf; NABU Düsseldorf; Naturfreunde Düsseldorf e.V.; Förderverein Wald am Rhein e.V.; Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Kreisgruppe Düsseldorf; Fachforum Lebenswerte Stadt in der Lokalen Agenda Düsseldorf; Bürgerinitiative Hafenalarm; Baumschutzgruppe Düsseldorf; Benrather Initiative für Nachhaltigkeit, Freundeskreis der Himmelgeister Kastanie

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